Samstag, 20. Juni 2009

TANTRIS - 1. Tag



Das Tantris. Ich bin aufgeregt. Sterne Küche seit 40 Jahren, alte Witzigmann Schule, Präzision und Konzentration. Schaff ich das? Meine Vorfreude überwiegt. Die exklusiven, ausgesuchten Produkte, die Rezepte, die Köche und natürlich das Essen. Ich will viel lernen. Alles mitnehmen, aufmerksam und aufnahmefähig sein. Ich muss schnell und sauber arbeiten. Nicht gerade mein Stärken. Kein Chaos. Immer wieder schleichen sich Zweifel ein. Was ist wenn ich im Weg rumstehe, Fehler mache oder Etwas falsch verstehe?
Das Fernsehteam begleitet mich an meinem ersten Tag. Die Nacht habe ich bereits in München verbracht. 16 Tage weg und ich weiss nicht was mich erwartet. Was werden meine Aufgaben sein? Wie sieht ein Tagesablauf aus? Wer sind die anderen und wie lange muss ich arbeiten? Ich habe gut geschlafen und werde vom Kamerateam vorm Hotel erwartet. Ich fühle mich gut. Ausgeschlafen und zurechtgemacht. Wir fahren mit dem Taxi zum Restaurant, als wir um die Ecke biegen und ich das Tantris sehe, fällt mir ein, dass ich noch nie in einem Sterne Restaurant war. Es ist 9:00 Dienstags und die Tür wird gerade geschrubbt. Ich warte auf die mit Glasklar bewaffnete Dame die mir die Tür öffnet. Ich betrete den Gastraum mit Herzklopfen und habe das Gefühl, dass ich in einen orangen Wattebausch falle. Das Interior ist original 70er, Flokati rankt an der Decke, asiatische Kunst, wird mit Space Age artigen Elementen abgemischt und über allem liegt das kräftige Orange. Ich komme mir vor wie im Film Oktopussy und staune. Herr Haas, der Chefkoch begrüsst mich persönlich. Er ist herzlich und nimmt mir ein wenig meiner Unsicherheit. Seine Begrüssung kommt spontan, ganz zum Leidwesen der Realisatorin Nathalie: " Stop, wir laufen nicht". Also drehen wir die Begrüssung noch mal und setzen die Einführung in die Küche gleich hinten dran. Der Arm von Herr Haas stösst die Schwingtür zur Seite und ich werde in das hektische treiben der Küche hineingezogen. Zwei Welten: Draussen die Zen Hölle von Dr. No. und in der Küche ein Bienenstock-Getümmel, nur getrennt durch diese weisse Schwingtür.
Ich tauche ein in Wärme, die riesige Herdinsel, bestehend aus einer riesigen glühenden Steinfläche, ist heiss. Noilly Prat und Pernod Dämpfe steigen aus riesigen Töpfen hervor. Ah ja ich bin am Fischposten. Eine Station weiter werden gerade angeröstete Markknochen mit Portwein und Rotwein abgelöscht. Ich laufe dem Chef hinterher und stelle mich dabei allen Köchen vor. 15 sind es an der Zahl und alle sind recht jung. Sie sind beschäftigt und freundlich.



Die Küche ist im vollen Gange, um 9:00. Das hätte ich nicht erwartet. "Morgen geht's dann pünktlich los, Hannah, gell" lacht der Chef. Noch Früher?!
Der Chef höchst persönlich nimmt sich meiner an und teilt mich fürs Personalessen ein. "So dann werden wir mal ein paar schöne Fleischpflanzer drehen", sagt er und freut sich. Ich kann mit Wissen punkten: "Ah, Fleischpflanzerl, das sind doch Buletten", entgegne ich. Er schüttelt den Kopf: Tja, Buletten, haha, Buletten...", er lacht schon wieder. Er schleppt eine Wanne mit Fleischabschnitten, eine Pfanne mit geschmolzenen Butterzwiebeln, eingeweichtem Brot und frische Kräuter an. Die Qualität der Produkte macht ihm Freude, der Duft und die Farbe der karamellisierten Zwiebeln, das frische Fleisch (vorwiegend Kalb) und die Vielfalt der Kräuter... er behandelt die Sachen mit Würde und schwärmt dabei davon wie gut die Klopse später schmecken werden. Alles wird zusammengeführt und dann durch den Fleischwolf gedreht. Wir haben Spass und probieren rohen Fleischteig, der noch -ganz klassisch- mit Ei gebunden wurde, wir sind uns einig: "das passt."
Klopse drehen und braten ist angesagt und zwar schnell, die Mannschaft will einer Viertelstunde essen.
11:30 Personalessen: ich werde mit dem Kamerateam in den Personalraum zum Essen geschickt, dort isst vor allem der Service. Die Köche essen an der frischen Luft. Alle gemeinsam, an zwei Bierbänken. Das Fernsehteam will wissen wie es geschmeckt hat und dreht mit den Köchen die Verkostungsszene. Alle müssen noch eine Buletten essen, obwohl sie schon fertig sind. Brav spielen sie mit und meinen: "mhhhhh... sind die guat".

Es ist Dienstag, das Wochenende liegt zurück und das heisst für die Jungs: produzieren, produzieren, produzieren...
Alles wird frisch zubereitet und aufgefüllt. Die Mis en Place Vorbereitungen laufen auf Hochtouren.


Ausgelöster, abgehangener Maibockrücken



Filitierte Sardinen


Radiccio


Vakumierter Ochsenschwanz


Frisch gebackenes Kartoffelbrot


Hummerscheren!!!